erhobene Faust

Erziehung mit Angst

Als Kind wurde ich viel mit Angst erzogen. So waren die Tage vor Nikolaus nicht unbedingt Tage der Freude, denn immer wieder hörte ich: „Du weißt, bald kommt der Nikolaus. Und wenn du nicht artig bist, dann bringt er dir die Rute. Oder er steckt dich in seinen Sack und nimmt dich mit!“ Solch eine anerzogene Angst haben viele Menschen, die ich kenne – und so fällt es ihnen schwer, an einen liebenden Gott zu glauben. Andere verkehren die Tatsachen wieder in eine Art romantischer Verklärung.

Gott ist der liebe Opa mit dem Rauschebart, der immer gütig ist, immer vom Himmel herabschaut und seinen Kindern nur Gutes tut. Die Wahrheit ist, Gott ist nichts dergleichen. Wenn die Bibel das Bild eines Vaters (oder einer Mutter) nimmt, um Gott zu beschreiben, dann wird dies deutlich.

Gerechtigkeit

Niemand möchte Eltern haben, vor denen er Angst hat. Aber ebenso möchte niemand Eltern haben, denen alles egal ist, was wir tun. Die immer mit einem fast schon senilen Lächeln alles begleiten, was wir tun, ganz gleich, ob es gut ist oder nicht, ganz gleich, ob es richtig ist oder falsch.

Gott – so sagt die Bibel – ist die Liebe. Und er ist die Gerechtigkeit. Das ist manchmal schwer auszuhalten. Ich kann nichts tun, um Gottes Liebe zu mir größer zu machen, ich kann sie mir nicht erkaufen. Sie ist schon unendlich groß, sodass ich sie nicht fassen kann.

Ich kann Gottes Liebe aber auch nicht schmälern. Und das ist beruhigend. Egal, wie oft ich ihm den Rücken zuwende, egal, wie oft mein Ego mich leitet und mein Leben fehlleitet, egal, wie viel Mist ich baue (in Gedanken, Worten und Taten), Gottes Liebe gilt.

Aber eben auch seine Gerechtigkeit – und das kann in so mancher Situation ein Problem für uns sein. In Psalm 103, den wir uns vor einigen Tagen schon angeschaut haben, heißt es: „Die Gnade des Herrn aber gilt bis in alle Ewigkeit allen, die ihm gehorsam sind. Seine Gerechtigkeit reicht bis zu den Kindern seiner Kinder, die seinem Bund treu sind und seinen Geboten gehorchen!“ (Psalm 103, 7.18 NLB).

Warnung

David warnt uns in seinem Lied eindringlich. So groß Gottes Liebe und Güte zu uns auch sind, seine Gerechtigkeit reicht bis zu den Kindern unserer Kinder. Das bedeutet, dass ich nicht nur selbst Verantwortung für meine Taten übernehmen muss, sie haben auch Auswirkungen auf die nächsten Generationen.

Ich habe mich als junger Christ immer gewundert, dass meine geistigen Mütter und Väter sich für die grausamen Taten ihrer Vorfahren entschuldigten. Ich konnte damit nichts anfangen, dass Menschen um Vergebung baten für den Tod von Millionen von Juden und Millionen von Menschen aller Nationen, weil unser Land unter Hitler so viele Gräueltaten vollbracht hatten.

Auf unser Tun achten

Heute weiß ich,  wie wichtig es ist, auf sein eigenes Tun zu achten, weil es eben das Leben meiner Nachkommen beeinflusst. Es kommt nicht von ungefähr, dass Kinder aus Sucht-Elternhäusern oft selbst süchtig werden, Kinder, die Gewalt erlebt haben, selbst gewalttätig werden und so weiter.

Ich habe gelernt, dass es frei macht, sich mit dem auseinanderzusetzen, was seine Vorfahren so getrieben haben, damit ich den Bann brechen kann. Meine Mutter war Alkoholikerin. Ich bin es nicht. Der Bann ist gebrochen, weil er erkannt und ans Licht gebracht wurde.

Freiheit

Nun liegt eine andere Gerechtigkeit auf meinem Leben, die auch auf meinen Kindern und den Kindeskindern, so ich denn welche bekommen sollte, gelegt wird. Wir können frei werden von unserer Vergangenheit, wenn wir die Freiheit, die Gott uns schenken möchte, annehmen.

„Wenn der Sohn euch frei macht, seid ihr wirklich frei“, sagt Jesus selbst (Johannes 8, 36 NLB). Gott möchte uns zwei Dinge mitgeben in unser Leben: Deine Vergangenheit, auch die deiner Vorfahren muss dein Leben heute und deine Zukunft nicht bestimmen. Aber ebenso sollte dein Tun deine Zukunft und die deiner Nachkommen nicht negativ beeinflussen. Es liegt in deiner Hand und entscheide dich für die Güte und Gnade Gottes, seine Liebe und seinen Plan.

Wir werden uns morgen den Vers noch einmal unter einem anderen Aspekt anschauen, nämlich der Frage, was es mit Gottes Bund eigentlich auf sich hat.

Bis dahin, sei gesegnet!

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de