Baby erhält eine Milchflasche

Wachstums-Schmerzen

Jürgen Ferrary
31. Januar 2025

Meine Mutter war wenig besorgt um mich, als ich ein Kind war. Es klingt hart, aber ihr Zentrum und ihr Fokus lagen auf ihrer täglichen Dosis Alkohol. Ich möchte nicht sagen, dass sie uns Kinder auf ihre Art irgendwie liebte, aber lieben konnte sie halt einfach nicht. Aber einmal war sie um mich sehr besorgt.
Ich hatte furchtbare Schmerzen in den Beinen – und die kamen nicht vom „Hintern voll“, den wir ziemlich regelmäßig bekamen. Meine Mutter merkte, dass etwas nicht stimmte und ging mit mir zum Arzt.

Ich war noch sehr klein. Aber diese Erfahrung ging so tief, dass ich mich bis heute daran erinnere. Die nette Ärztin sagte meiner Mutter: „Machen Sie sich keine Sorgen, ihr Sohn ist gesund. Er hat nur Wachstumsschmerzen!“

„Nur“ war gut gesagt. Für mich war das furchtbar und nicht nur einfach „nur“. Wachstumsschmerzen haben die meisten Menschen. Nicht unbedingt in den Beinen, da sind es hauptsächlich Jungs, wohl aber in der Seele. Und sie gehören zum Leben dazu, denn sie helfen uns, erwachsen zu werden.

Für viele Babys ist es ein schlimmer Einschnitt, wenn die Mutter aufhört, sie zu stillen. Frust und Schmerzen gibt es auch, wenn kleine Kinder dann versuchen, auf eigenen Beinen zu stehen, wenn sie anfangen zu laufen und immer wieder fallen, wenn sie alleine essen wollen, aber das meiste neben dem Teller als im Mund landet.

Und Schmerzen bereitet es, wenn Mütter oder Väter sagen: „Die Suppe hast du dir selbst eingebrockt, die Suppe musst du auch selbst wieder auslöffeln!“ Kennst du solche Erlebnisse? Sie tun weh, aber sie gehören zum Großwerden dazu. Irgendwann müssen Kinder lernen, selbst ihr Zimmer aufzuräumen, sich selbst ihre Anziehsachen auszusuchen, ja sogar irgendwann selbst zu kochen, die Wäsche zu machen und dann ihren Haushalt zu führen.

Und da gehört es dazu, dass Vater und Mutter ein Stück loslassen, auch auf die Gefahr hin, dass Kinder scheitern, hinfallen und falsche Entscheidungen fällen. Bei Kindern ist uns das völlig klar. In unserem eigenen Leben tun wir es oft nicht, wenn es um geistliche Dinge geht.

Während Babys wachsen, verändert sich das Maß an Unterstützung, das sie erhalten, um ihr Wachstum und ihre Entwicklung zu fördern. Gott tut etwas Ähnliches mit uns, damit wir geistlich wachsen und reifen können. Wenn wir Christen werden, wenn wir Jesus in unser Leben einladen, dann sind wir wie geistliche Säuglinge.

Aber Gott möchte, dass wir aus diesem Stadium herauswachsen und reifen. Dass wir Menschen das nicht wollen, ist nichts Neues. Schon Paulus hat geschrieben: „Zu euch konnte ich nicht so reden wie zu Menschen, die vom Heiligen Geist erfüllt sind. Vielmehr musste ich zu euch reden wie zu Leuten, die von ihrer menschlichen Natur bestimmt sind. Denn in allem, was mit Christus zu tun hat, wart ihr wie kleine Kinder. Ich gab euch Milch zu trinken und keine feste Nahrung. Die konntet ihr noch nicht vertragen, und das könnt ihr auch jetzt noch nicht“ (1. Korinther 3,1-2 BB).

Wenn wir geistliche Babys sind, ist es ein Stück so, wie bei einem Säugling. Wenn es schreit, rennen die Eltern sofort zu ihm und tun alles, damit er sich wieder wohlfühlt. Wenn das Kind wächst, dann lassen auch gute Eltern die Leine langsam lockerer, denn das Ziel ist es, dass das selbst Erfahrungen sammelt und daran reift.

Wenn du also das nächste Mal das Gefühl hast, Gott würde nicht sofort antworten, wenn du betest, sofort eingreifen, wenn du ein Problem hast, sofort ein Wunder tun, wenn du es gerade brauchst, dann kann es sein, dass nicht Fehler oder Sünde der Grund sind, dass das, was ich gerade erlebe, nicht eine Art Strafe des Herrn? Könnte es sein, dass ich in die Wüste geführt wurde, um etwas zu lernen – um in einer Weise zu wachsen, die mich besser darauf vorbereitet, Jesus zu folgen und Ihm zu dienen?

Dann tun Schmerzen nicht weniger weh, aber ich kann sie besser akzeptieren, denn ich weiß, es sind „nur“ Wachstumsschmerzen.

Sei gesegnet!

„Wenn du wartest, tust du nicht nichts. Du tust etwas; du erlaubst deiner Seele, erwachsen zu werden“ (Mike Yaconelli).

Mehr Gedanken

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner
Warning