Halbmast
Gestern musste ich das Auto meiner Frau in die Werkstatt bringen und anschließend von dort aus nach Hause laufen. Auf dem Weg kam ich an einer Schule vorbei, vor deren Türen Fahnenmasten hingen. Die Fahnen waren auf halbmast, und ich musste erst einmal nachdenken, was der Grund dafür sei. Dann schoss es mir wie ein Blitz durch den Kopf: Wir hatten Buß- und Bettag!
Der Tag hat eine besondere Bedeutung für mich, aber nur, weil meine Mutter immer gesagt hat, ich wäre von Anfang an ein Troublemaker gewesen, schon bei meiner Geburt. Ich wurde nämlich einen Tag vor dem Buß- und Bettag geboren, und zwar um 18:57 Uhr.
Die Supermärkte haben damals um 18:00 Uhr geschlossen, und die Hebamme, so meine Mutter, war damals sauer. Denn der Buß- und Bettag war damals noch Feiertag in unserem Land, und so konnte sie nichts mehr dafür einkaufen.
Nachdenken
Nun, ein halbes Jahrhundert später, müssen alle Menschen an diesem Tag arbeiten gehen. Selbst ich als Theologe muss darüber nachdenken, warum Fahnen vor öffentlichen Gebäuden auf halbmast stehen.
Ich musste gestern an ein Gespräch denken, das ich vor ein paar Tagen hatte und bei dem es um die „Buße“ ging. Die Frau, die mir gegenüberstand, hatte tiefe Verletzungen, weil in ihrer Jugend sehr viel Druck ausgeübt worden war, was den Glauben angeht.
Lasten
So war sie – verständlicherweise – sehr sensibel, als ich ihr sagte, dass es manchmal wichtig im Leben sei, Dinge fallen und hinter sich zu lassen. Ihre alten Emotionen kamen hoch. Sie fühlte sich sofort wieder unter Druck gesetzt, ganz unter dem Motto: Um als Christ zu bestehen, muss ich leisten, leisten und noch einmal leisten.
Aber geht es darum, besonders beim Thema Buße? Petrus ruft die Menschen in seiner Predigt auf: „Tut nun Buße und bekehrt euch, dass eure Sünden getilgt werden!“ (Apostelgeschichte 3, 19 LUT). Das klingt vielleicht nach Beichtstuhl, in den ich gedrängt werde, auch wenn ich das gar nicht möchte. Das ist aber absolut nicht gemeint.
Buße
Denn Petrus fährt fort: „…auf dass Zeiten der Erquickung kommen von dem Angesicht des Herrn und er den sende, den er für euch zum Christus bestimmt hat: Jesus“ (Vers 20). Schwer zu verstehen. In einer modernen Übersetzung heißt es verständlicher: „So lässt der Herr für euch eine Zeit des Aufatmens anbrechen: Er wird den Christus schicken, den er für euch zum Retter bestimmt hat: Jesus“ (Basis Bibel).
Buße bedeutet nicht, dass wir kleingemacht werden, uns übel fühlen sollen und schuldig. Buße bedeutet, dass ich Altes, Schlechtes, falsche Entscheidungen und die Folgen daraus, Fehler, Charakterschwächen und Schuld bei Jesus am Kreuz ablegen darf, damit ich frei werde.
Freude am Leben
Es geht nicht darum, dass ich die neue Last eines schlechten Gewissens zusätzlich auf meine Schultern gelegt bekomme, sondern dass Jesus mir Lasten aus meinem Leben abnehmen möchte. Ich werde freier, ich habe wieder mehr Platz für seinen Segen und für die Freude am Leben.
Schade eigentlich, dass wir den Buß- und Bettag fast vergessen haben. Wir brauchen natürlich nicht (nur) einen besonderen Tag, aber dieser Tag ist eine Erinnerung daran, dass wir nicht mit schwerem Gepäck reisen müssen, sondern, dass Jesus uns freimachen möchte, nachdem er uns schon vor langer Zeit freigesprochen hat.
Tausche deine Lasten gegen Freiheit
Lass deine alten Verletzungen los, lass deine alten Fehler los, wirf sie weg und lass sie hinter dir. Dann wird auch dir Gott eine Zeit des Aufatmens schenken, eine Zeit, in der du erfrischt wirst und siehst: Ohne schweren Rucksack läuft es sich leichter.
Tausche deine Lasten gegen Freiheit. Nichts anderes ist Buße.
Sei gesegnet!
„Buße ist nicht etwas, das wir tun, um uns die Vergebung zu verdienen; sondern wir tun Buße, weil uns bereits vergeben ist“ (Brennan Manning).
Jürgen Ferrary für GottinBerlin
Möchtest du meine Andacht jeden Morgen auf dein Handy bekommen? Dann abonniere gern meinen Kanal: https://t.me/juergensgedanken