Die Atmosphäre an diesem Sonntag vor knapp 2000 Jahren muss gewaltig gewesen sein. Es hatte sich damals herumgesprochen, dass Jesus in die Stadt Jerusalem kommen würde, fast wie ein König. Aber nur fast, denn er ritt zwar – standesgemäß, aber nicht auf einem wunderschönen Streitross, sondern auf einem Esel. Er wollte zeigen: Ich bin Gottes Sohn, aber ich bin einer von euch.
Aber er wurde wie ein König empfangen. Die ganze Stadt lief ihm entgegen. Die Menschen schnitten Palmblätter ab und wedelten damit. Sie legten ihre Kleidungsstücke – wie einen roten Teppich – vor ihm auf den Boden und jubelten ihm zu: „Gelobt sei Gott! Gepriesen sei, der in Gottes Auftrag kommt, der König von Israel!“ (Johannes 12,13 HfA).
Die Stimmung muss umwerfend gewesen sein, und ich denke mir: Dafür möchte ich auch bekannt sein, als einer, der Jesus zujubelt. Unser Gott ist es wert, denn er ist großartig. Niemand kann sich mit ihm messen. Er ist der Gott, der liebt, der sich kümmert, der nie aufgibt, der immer vergibt, die uns immer nachgeht, der tröstet, der heilt, der trägt und aufbaut, der Sinn gibt und Neuanfänge schenkt.
Wenn es jemanden gibt, dem ich zujubeln möchte, dann ist er es, kein Politiker, kein Fußballer oder Rockstar, kein Idol oder Philosoph – nur er.
Ich würde sicherlich heute andere Worte benutzen. Aber ich möchte mit in der ersten Reihe stehen – und alle Leute um mich herum könnten es sehen, dass ich mit diesem Jesus lebe, dass er mein Herr ist, und dass er ziemlich cool ist – um es mit heutigen Worten zu sagen.
Aber dann muss ich daran denken, was damals weiter geschah. Am Sonntag jubelten sie Jesus zu und ehrten ihn, wie ein König – und nur wenige Tage später kehrten sie ihm den Rücken zu und schrien: „Kreuzigt ihn!“
Wie kann das sein, dass Menschen so schnell ihre Meinung, ihren Stand ändern? In der Bibel heißt es nur, sie wären „überredet“ worden. Und sie hätten dafür gestimmt, dass ein Verbrecher freigelassen und Jesus gekreuzigt werden sollte. Aber warum?
Waren sie enttäuscht, weil Jesus nicht ihren Erwartungen entsprochen hatte? Waren sie enttäuscht, dass er nicht als der Kriegsherr in die Stadt kam, als König, der die Macht mit Gewalt an die riss? Waren sie enttäuscht, dass Jesus den Römern nicht mal ordentlich gezeigt hatte, wer auf der Welt wirklich das Sagen hat, nämlich Gott?
Und ich frage mich: Wie ist das eigentlich bei uns, bei mir und dir? Wie schnell fallen wir und geben unseren Glauben auf?
Ich habe in den Jahren meines Dienstes unzählige Menschen gesehen, die heute jubelten und schon morgen nichts mehr mit Jesus zu tun haben wollten. Ich habe viele gesehen, dessen Flamme heute hell leuchtete und nur kurze Zeit später erloschen schien.
Und das ist ein Fakt, der mich traurig macht. Sind wir Menschen so gestrickt, dass wir so leicht umfallen? Warum lassen wir uns so leicht beeinflussen? Warum kehren wir so schnell unseren Rücken? Warum geben wir so schnell auf?
Deshalb fällt es mir schwer, mit in den Chor einzustimmen und zu rufen: „Hosianna! Ich will dich loben und ehren, Jesus!“, weil ich Sorge habe, auch mein Glaube könnte erkalten, auch ich könnte die Seite wechseln, auch ich könnte falsche Erwartungen an Jesus haben, weil ich ihn mir so gebastelt habe, wie ich es wollte, aber sehen musste, dass er eben anders ist, weil er Gott ist.
Diese Woche vor Ostern macht mich nachdenklich. Und ich lade dich ein, auch darüber nachzusinnen: Was bedeutet der Glaube eigentlich in unserem Leben? Ist er, wie ein nur kurz anhaltender Hype, ein Rausch? Ist er stetig, aber eher eingefahren, wie es in einer langen Ehe manchmal ist? Oder ist er wie ein Feuer, das lodert und leuchtet und mein Leben erhellt?
Und was ist unsere Konsequenz aus unseren Überlegungen?
Sei gesegnet!