Sohn kniet vor dem Vater

Lächerlich machen

Hast du dich schon einmal richtig lächerlich gemacht? An Flughäfen und auf Bahnhöfen sieht man das manchmal, wenn sich Menschen nach langer Zeit wiedersehen. Sie schmeißen alles von sich, sie kreischen auf, rennen sich entgegen und fallen sich mit einem großen Alarm um den Hals. Die Freude ist so groß, dass es den Menschen egal ist, was andere in dem Moment von ihnen denken. Es ist egal, ob sie sich lächerlich machen. 

So muss es dem Vater ergangen sein in der Geschichte, die Jesus einmal erzählt hat. Als der Sohn alles verprasst hatte, machte er sich auf zu ihm, um zumindest als Diener für ihn zu arbeiten. Denn alles war in seiner aktuellen Lebenssituation besser, als der Punkt, an dem er sich befand. 
 

Entgegengehen

Jesus erzählt: „So kehrte er zu seinem Vater nach Hause zurück. Er war noch weit entfernt, als sein Vater ihn kommen sah. Voller Liebe und Mitleid lief er seinem Sohn entgegen, schloss ihn in die Arme und küsste ihn“ (Lukas 15, 20 NLB). 
 
Für unsere Ohren mag das heute ziemlich normal klingen. Wenn ich meinen Sohn für lange Zeit nicht gesehen habe und seine Gestalt dann am Horizont entdecke, dann würde ich ihm auch entgegenrennen. Zur damaligen Zeit war solch eine Reaktion undenkbar. 
 
Ein Patriarch zog niemals sein Gewand hoch und zeigte seine nackten Beine. Und es war absolut unwürdig, dass er rennen würde. Und am Ende fällt er dem nach Schweinen stinkenden Sohn um den Hals und küsst ihn auch noch. Das gehörte sich nicht. Das war unglaublich!
 

Gott macht sich lächerlich

Aber Jesus erwähnt ganz bewusst dieses Detail. Er zeigt damit: So ist Gott! Wenn ein Mensch sich aufmacht zu ihm – zum ersten Mal oder wieder einmal – dann ist Gott egal, was andere über ihn sagen, dann macht er sich auch lächerlich. Dann lässt er seinen Gefühlen freien Lauf, ganz gleich, ob Menschen die Köpfe schütteln. 
 
Gottes Liebe gilt jedem Menschen, der umkehrt, der zu ihm zurückkommt. Da ist ihm jede Peinlichkeit ganz egal. 
 
Hättest du das gedacht, dass Gott sich dermaßen freut, wenn du zu ihm kommst? Auch, wenn in deinem Leben so vieles schiefgelaufen ist? Auch, wenn du es hättest besser wissen müssen? Auch, wenn du vielleicht ein schlechtes Gewissen hast?
 

Flasche Richtung

Ich hatte viele Situationen in meinem Leben, in denen ich genau wusste, was ich falsch gemacht hatte, wo ich in die falsche Richtung abgebogen bin, wo mein Ego mich in eine Sackgasse hat laufen lassen. In solchen Momenten fühlt man sich alles andere als gut.
 
Und es gab genügend Situationen in meinem Leben, da hatte ich regelrecht Angst, Gott dann doch um seinen Rat, seine Vergebung, seine Lösung zur fragen, denn ich erwartete eine menschliche Reaktion: ein Donnerwetter, eine schulmeisterliche Belehrung oder sogar ein Kopfschütteln. Ich war so geprägt. 
 
Meine Mutter hatte immer gesagt: „Du hast dir die Suppe selbst eingebrockt, du musst sie auch wieder alleine auslöffeln.“ Oder auch (was ich noch blöder fand): „Du hast es alleine kaputt bekommen, sieh zu, dass du es alleine wieder heile bekommst!“
 

Gott hält nach uns Ausschau

Jesus sagt uns sehr deutlich, dass Gott so ganz anders ist. Er hält nach uns Ausschau. Und selbst, wenn wir noch weit entfernt sind, rennt er uns entgegen. Und er fällt uns um den Hals und küsst uns – so wie Jakob und Esau es taten nach Jahren der Feindschaft, als Zeichen der Versöhnung (1. Mose 33, 4), so wie Josef es tat, als er sich in Ägypten wieder mit seiner Familie versöhnte (1. Mose 45, 14-15).
 
Wo stehst du heute? Hast du gerade deine Taschen voll und genießt dein Leben in vollen Zügen, obwohl (oder weil) du Gott einen guten Mann sein lässt? Merkst du gerade, wie einiges den Bach heruntergeht oder sitzt du schon bei den Schweinen und würdest dich sogar über das Schweinefutter freuen? 
 
Wenn du dich aufmachst zu Gott, deinem himmlischen Vater, dann erwartet dich, was den Sohn in der Geschichte erwartete. Gott hält schon lange Ausschau nach dir. Er ist sich nicht zu fein, sein Gewand hochzuziehen und dir entgegen zu rennen, wenn er dich am Horizont entdeckt. Und er wird dir um den Hals fallen und dich küssen, egal, wie sehr dein Leben stinkt.
 
Der Vater wartet – aufmachen musst du dich selbst. 
 
Sei gesegnet!
 
„Gott der Vater guckt sich die Augen aus nach seinen Söhnen und Töchtern. Er hat keinen größeren Wunsch, als dass sie nach Hause kommen“ (Peter Strauch).
 

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de