Alte Anekdote
Eine alte Anekdote erzählt folgendes: Der große Mönchsvater Antonius lebte mitten in seiner Mönchsgemeinde am Rande der oberägyptischen Wüste. Einmal hatte er seine Mönche um sich versammelt, nicht zum Gebet, nicht zur Buße, nicht zum Gottesdienst, sondern einfach zu einem geselligen Beisammensein, zu einem gemütlichen Plausch.
Da kam ein Jäger vorbei und wunderte sich: „Da sieht man es mal wieder, typisch Mönche, stehen faul herum und arbeiten nicht!“ Antonius kam mit ihm ins Gespräch und forderte ihn auf, einmal seinen Bogen zu spannen. Der Jäger gehorchte. „Viel zu wenig!“, rief Antonius, „noch mehr spannen!“ Der Jäger folgte einer zweiten und dritten Aufforderung, dann weigerte er sich: „Wenn ich noch mehr spanne, zerbricht der Bogen.“ „Genauso ist es mit dem Menschen“, sagte Antonius, „wenn er seine Kräfte übermäßig anspannt, dann zerbricht er. Er muss entspannen, um anspannen zu können.“
Volkskrankheit
Wenn der Mensch übermäßig seine Kräfte anspannt, dann zerbricht er. Diese wahren Worte könnten einem Vortrag bei einer Managertagung entstammen. Überforderung und Burnout sind heutzutage zur Volkskrankheit geworden. Und selbst die Wochenenden sind oft dermaßen mit Terminen vollgepackt, dass eigentlich eine Erholung kaum möglich ist – und dann kommt ganz schnell, viel zu schnell, schon wieder der Montag.
Im Herzen wissen wir, dass es gut und wichtig ist, seine Kräfte gut einzuteilen, dass es ebenso wichtig ist, sich Auszeiten zu nehmen – auch im Alltag. Da mag ein christlicher Sonntag, an dem Familien zur Kirche gehen, altbacken klingen – zumal unser Land sich immer entchristianisiert. Aber manchmal stelle ich mir die Frage, ob ein Sonntag, an dem alles morgens schnell organisiert werden muss, damit eine Familie um 10:00 Uhr dann geschniegelt und gebügelt im Gottesdienst sitzt, ein Tag der Ruhe ist.
Denn den gönnt uns Gott – ein Tag der Ruhe. Hat er nicht einst geboten: „Sechs Tage sollst du deine Arbeit tun; aber am siebenten Tage sollst du ruhen“ (2. Mose 23, 12 LUT).
Am siebenten Tage ruhen!
Nutzten Juden damals diesen Tag, um in die Synagoge zu gehen (wann hätten sie es denn auch sonst tun sollen), so trafen sich die ersten Christen sehr schnell „am ersten Tag der Woche“, also an unserem heutigen Sonntag (Siehe zum Beispiel Apostelgeschichte 20, 7).
Aber Gott gebietet nicht: Sechst Tage sollt ihr arbeiten, am siebenten in die Kirche gehen, er gebietet, wir sollten am siebenten ruhen! Nun halte ich einen Kirchgang für wichtig und gut – und auch dort kann ich zur Ruhe kommen und vor allem auftanken – weil dort ein Ort ist, wo mir Gott begegnen kann und möchte.
Aber den Aspekt der Ruhe sollten wir nicht vergessen. Nein, wir leben nicht mehr unter dem Gesetz – ich darf am Sonntag arbeiten, Wäsche waschen und meine Wände streichen. Die Frage ist, ob es mir guttut. Wenn Gott sagt, ich solle nach sechs Tagen der Arbeit einen Tag ruhen, dann geht es ihm um mich, dann möchte er, dass ich meine Kräfte nicht übermäßig anspanne und zerbreche.
Und das ist alles andere als altbacken, sondern ebenso aktuell wie damals.
Sei gesegnet!