„Kids aus gutem Hause“

Ich war noch eine ganze Reihe Jahre jünger, als ich – damals frisch im Glauben – mit einer Frau ein Gespräch hatte, das mich sehr prägen sollte. Ich hatte damals gerade angefangen zu studieren und hatte sehr wenig Geld. Neben dem Studium ging ich arbeiten, um über die Runden zu kommen. Das war manchmal sehr hart. Wenn ich dann oft müde im Hörsaal saß, sah ich immer wieder die „Kids aus gutem Hause“, die sich um Finanzen keine Sorgen machen brauchten. Das wurmte mich damals sehr. 

Also stellte ich der Dame die Frage: „Warum schenkt Gott mir nicht zumindest jetzt, wo ich sein Kind bin, auch mehr Geld? Warum lässt er mich hart arbeiten, damit ich mein Studium finanzieren kann, während manch anderer sich keine Sorgen zu machen braucht?“

Die Frau hörte mir eine Weile zu, dann fragte sie mich: „Wie bist du an deinen Job gekommen?“ (Ich hatte damals eine wirklich coole Anstellung in einem Kino). Ich sagte: „Das war echt ein großer Zufall, eine Studien-Kollegin hat ihn mir vermittelt.“ Die Frau antwortete nur mit einem nachdenklichen „Aha …“ 

Fähigkeiten

Dann gab sie mir eine Hausaufgabe. Sie bat mich, eine Passage aus der Bibel zu lesen und dann darüber zu beten. Was sollte das denn?

Ich schlug also meine Bibel auf und las: „Man kann das Himmelreich auch am Beispiel von dem Mann erklären, der auf eine Reise ging. Er rief alle seine Diener zusammen und gab ihnen Geld, das sie während seiner Abwesenheit für ihn anlegen sollten. Einem gab er fünf Beutel Gold, einem anderen gab er zwei Beutel und dem dritten gab er einen Beutel – jeweils ihren Fähigkeiten entsprechend“ (Matthäus 25, 15 NLB).

Viel weiter kam ich damals erst einmal nicht. Hier ging es nicht um ein Märchen aus alten Zeiten, hier ging es um mich. Denn was Gott mir gibt – zum Beispiel den Job, den ich „durch Zufall“ bekommen hatte – gibt er mir, damit ich es verwalte. Und er gibt es mir meinen Fähigkeiten entsprechend.

Mir fiel auf, dass die Diener (oder Verwalter) in der Geschichte nicht im Traum auf die Idee gekommen wären, über das Maß, das ihnen zugeteilt wurde, zu meckern. Sie haben ihren Teil in der Geschichte genommen und sind unterschiedlich, ihren Fähigkeiten entsprechend, damit umgegangen. 

Auch, wenn ich das als junger Mann dachte, heute weiß ich, dass ich damals nicht einen Deut glücklicher gewesen wäre, wenn ich mehr Geld gehabt hätte. Ich wäre mit Sicherheit kein guter Verwalter gewesen. Ganz im Gegenteil. 

Geldgier

Paulus schreibt an einen Mitarbeiter: „Die Liebe zum Geld ist die Wurzel aller möglichen Übel; so sind manche Menschen aus Geldgier vom Glauben abgewichen und haben sich selbst viele Schmerzen zugefügt“ (1 Timotheus 6, 10 NLB). 

Mehr Geld hätte mich nicht glücklicher gemacht, wäre aber mit Sicherheit nicht gut für meinen Charakter gewesen. Es hätte mich verblendet, mich vom Weg abgebracht. So musste ich lernen, Struktur in mein Leben zu bekommen: Arbeitszeit vs. Studienzeit, Einteilen meines Geldes zum Leben, …

Gott hat mich damals versorgt. Er hat mir einen wundervollen Job besorgt, irgendwie kam ich immer mit meinem Geld aus, konnte damals schon durch die halbe Welt reisen. Heute verdiene ich mehr Geld. Bin ich deswegen glücklicher? In manchen Bereichen, das muss ich zugeben, vielleicht, aber ich bin auch charakterlich gewachsen. 

Hat mir Gott damals einen Sack voll Gold anvertraut, sind es heute vielleicht 1 1/2 Säcke. Warum nicht mehr? Ich denke, dass Gott weiß, mit wie viel ich umgehen kann, ohne dass es mich und meinen Charakter versaut. 

Herausforderungen

Heute sind die Herausforderungen andere als damals. Ich muss heute  nicht mehr rechnen, damit ich mit meinem Geld bis zum Ende des Monats auskomme (und vielleicht noch schaffe, etwas zurückzulegen), heute muss ich rechnen, wie viele „Jobs“ ich annehme, damit ich mit meiner Kraft bis zum Ende des Monats auskomme – und mir damit das eine oder andere mehr leisten kann.

Und wenn ich zurückschaue, dann waren die Jahre meines Studiums sicherlich hart, aber es war eine großartige Zeit. 

Deswegen frage du dich einmal: Würde mehr Geld dich wirklich glücklicher machen oder bestünde auch bei dir die Gefahr, dass das Geld eine Wurzel von Übel ist in deinem Leben? Bist du ein guter Verwalter von dem, was Gott dir gibt, und wenn ja, wärst du es auch dann noch, wenn du mehr hättest?

Ich möchte dich nicht auffordern, nach mehr zu streben, wenn du jung bist, eine gute Ausbildung zu machen, wenn du älter bist, gut mit deinem Geld zu haushalten und etwas zurückzulegen – ich möchte dich einladen, Gott auch im Punkt Finanzen zu vertrauen, durch Türen zu gehen, die er dir öffnet und zu akzeptieren, dass andere Türen geschlossen sind. 

Gott kennt dich und deinen Charakter und er weiß, was dir guttut und was eher eine Gefahr für dich ist. Und wenn du mehr möchtest in deinem Leben, ist ein erster Schritt: Arbeite an deinem Charakter!

„Wer der Meinung ist, dass man für Geld alles haben kann, gerät leicht in den Verdacht, dass er für Geld alles zu tun bereit ist“ (Benjamin Franklin).

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de